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SVP-Delegation trifft sich mit iranischem Hardliner

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Screenshot_ICANA SVP im Iran

Screenshot der Newsseite ICANA.

Wie verschiedenen Medienberichten zu entnehmen ist, besucht derzeit eine Delegation der SVP den Iran. Die Gruppe, laut Aargauer Zeitung bestehend aus den Nationalräten Luzi Stamm, Lukas Reimann, Jean-François Rime und den beiden Alt-Nationalräten Ulrich Schlüer und Dominique Baettig, befindet sich auf einer auf einer privaten Reise, wie Parlamentssprecher Mark Stucki erklärt. Wie Bilder der iranischen Nachrichtenagentur ICANA zeigen, ist auch der Genfer SVP-Nationalrat Yves Nidegger mit von Partie.

Nur zu gut wissen regimetreue Medien des Iran diesen Besuch propagandistisch auszuschlachten. So schreibt die Teheran Times von einer „sechsköpfigen parlamentarischen Delegation“, deren Leiter Luzi Stamm in einem Treffen mit Alaeddin Boroujerdi, Vorsitzender des Komitees für nationale Sicherheit und Aussenpolitik, erklärt habe, Sanktionen seien falsch und widersprächen der „moderaten Aussenpolitik“ der Schweiz.

Gemäss der staatlichen Nachrichtenagentur IRNA hat Stamm im Gespräch mit Boroujerdi auch die „anti-iranische Propaganda in den westlichen Medien“ kritisiert.

Boroujerdi selbst ist kein unbeschriebenes Blatt, wenn es um Propaganda geht. Ende Februar rechtfertigte er den Einsatz der Hisbollah in Syrien damit, dass dieser Libanons Souveränität und Unabhängigkeit schütze. Ohne Zweifel gebe es eine objektive Allianz zwischen der „zionistischen Entität und den extremistischen Terroristen in Syrien“. Deshalb werde der Iran „keine Bemühung scheuen“ um Libanon im „Kampf gegen den Terror“ zu unterstützen.

Dies illustriert einmal mehr das doppelte Spiel des Iran. Während der vermeintlich moderate Präsident Rohani in der Washington Post in salbungsvollem Ton von Dialog spricht und dabei die Hisbollah mit keinen Worten erwähnt, macht Boroujerdi keinen Hehl aus der iranischen Unterstützung für die libanesische Terrororganisation und deren Engagement in Syrien.

Wie es sich für einen iranischen Hardliner gehört, droht Boroujerdi mit der Auslöschung von Israels Existenz, bekräftigte das iranische Bekenntnis zur „Achse des Widerstandes“ und widersprach Meldungen, wonach die „Death to America“-Rufe angesichts der Nuklearverhandlungen aus dem iranischen Propaganda-Repertoire gestrichen würden; angesichts der „Verbrechen der USA gegen das iranische Volk“ werden diese noch öfter zu hören sein.

Für die SVP dürfte diese Reise einige peinliche Fragen aufwerfen, war es doch gerade sie, die 2008 den Besuch von Micheline Calmy-Rey im Iran zu Recht kritisierte. Ein Jahr später rief ausgerechnet Lukas Reimann angesichts der Durban II-Konferenz in Genf zu einer Gegenkonferenz auf und kritisierte, dass die Schweiz von „Mahmud Ahmadinejad und Kumpanen“ als Propaganda-Plattform missbraucht wird. Reimann wird sich die Frage gefallen lassen müssen, warum er sich nun einige Jahre später vom Iran zu Propagandazwecken einspannen lässt.

Dominique Baettig hingegen hat sich schon vor einiger Zeit offen zum Iran bekannt. An einer Veranstaltung des „Freundeskreis Iran-Schweiz“ erklärte Baettig im Mai 2012: „Wenn die Europäer und Amerikaner uns attackieren, braucht die Schweiz neue Freunde.“ Zudem lobte er die „spirituellen Werte“ des Iran, von denen die Schweiz, abgesehen von Unabhängigkeit und Neutralität, lernen könne.

Der Freundeskreis Iran-Schweiz listet auf seiner Webseite seine bisherigen und zukünftigen Aktivitäten auf, darunter fällt auch die Rede des iranischen Botschafters Salari an der AZK-Konferenz von Sektengründer Ivo Sasek im November 2012 in Chur; neben Salari trat dort auch die Holocaustleugnerin Sylvia Stolz auf. Die SVP-Delegation wird hingegen nicht ausgeführt. Dennoch ist eine zumindest graduelle Involvierung des Freundeskreises nicht auszuschliessen, zumal für 2014 weitere Reisen angekündigt wurden. Reiseleiter spielt dabei offenbar Manfred Petritsch, Betreiber des Alles-und-Rauch-Blogs, einem bunten Sammelsurium aus Verschwörungstheorien, antiwestlicher Rhetorik und Iranapologie. Hier schliesst sich der Kreis: Petritsch, Reimann und Baettig waren gemeinsam beteiligt an den Protesten gegen die Bilderberg-Konferenz in St. Moritz 2011.

In jedem Falle ist diese Reise aber auch ein weiteres Beispiel dafür, dass die dialogfreudige Schweiz gegenüber dem Iran keine Berührungsängste kennt; besonders nicht, wenn es um wirtschaftlichen Belange geht. Wie ein Bericht von Benjamin Weinthal und Emanuelle Ottolenghi in Forbes zeigt, nutzt der Iran die Schweiz systematisch zur Umgehung von Sanktionen und für seine Beschaffungsbemühungen. Die Schweiz wiederum steht mit Exporten in den Iran im Wert von 1.9 Milliarden US-Dollar in Europa an erster Stelle. Das nun ausgerechnet eine Delegation jener Partei, die so gerne auf die Schweizer Neutralität pocht, sich breitwillig der iranischen Propaganda zur Verfügung stellt und zum Fototermin mit einem Regime-Hardliner bitten lässt, sollte zu denken geben. Die Schweiz, die sich gerne ihrer „humanitären Tradition“ rühmt, täte gut daran, zu einem solch mörderischen Regime wie dem iranischen etwas mehr Distanz zu wahren, statt sich zu dessen europäischen Steigbügelhalter zu machen.

Michel Wyss


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